Unschuldsvermutung

Landgericht Bremen

Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention enthält die Gewährleistung der strafrechtlichen Unschuldsvermutung: Jedermann hat solange als unschuldig zu gelten, bis in einem allgemeinen gesetzlich bestimmten Verfahren rechtskräftig seine Schuld festgestellt wurde.

Diese Unschuldsvermutung ist eines der Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens und wird heute von den meisten Ländern der Welt zumindest dem Anspruch nach anerkannt. Sie findet sich bereits in Artikel 11 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Menschenrechtskonvention setzt dies in ihrem Artikel 6 völkerrechtlich verbindlich um. Die Unschuldsvermutung endet erst zu dem Zeitpunkt, an dem es eine Verurteilung gibt und diese rechtskräftig ist. Unter der lateinischen Bezeichnung „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten – ist dieser Rechtsgrundsatz bereits seit Jahrhunderten bekannt. Zur Zeit der Hexenverbrennung ist dieser Begriff durch eine Schrift gegen die Hexenverfolgung (von Friedrich Spee um 1631) einer breiteren Menschengruppe bekannt gemacht worden.

Im deutschen Recht ist die Unschuldsvermutung im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt, sie ergibt sich allerdings aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG).

Die Unschuldsvermutung erfordert, dass jeder einer Straftat Verdächtigte oder Beschuldigte während der gesamten Dauer des Strafverfahrens als unschuldig behandelt wird und nicht er seine Unschuld, sondern die Strafverfolgungsbehörde seine Schuld beweisen muss. Dieser Grundsatz führt besonders bei der Strafverfolgung und dem Ermittlungsverfahren zu ganz speziellen Bestimmungen. Maßnahmen, die eine verdächtigte Person erleiden muss bzw. die der Ermittlung und Prüfung einer Straftat dienen, sind nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Ohne einen Anfangsverdacht ist kein Strafverfahren einzuleiten, und auch die Untersuchungshaft oder die vorläufige Festnahme bedürfen eines dringenden Tatverdachts. Darüber hinaus bedarf es stets der Güterabwägung, inwieweit während der Ermittlungen an Dritte Informationen weitergegeben werden können. Pressemitteilungen über Ermittlungsverfahren oder öffentliche Fahndungen durch die Medien haben trotz der Unschuldsvermutung Auswirkungen auf den Betroffenen. So bleiben Fragen in Verbindung mit einer Straftat an den Arbeitgeber des Verdächtigen nicht ohne Folgen (Ruf, Leumund) und auch die Befragung von Nachbarn zieht meist negative Folgen nach sich („da wird schon was dran sein“). Häufig bleibt auch bei einer später erwiesenen Unschuld wenigstens eine Rufschädigung zurück.

Artikel 6 – Recht auf ein faires Verfahren

  1. Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

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